DerBitcoin-Kurs nähert sich wieder langsam seinem Rekordwert.
Die Kursbewegungen lassen sich nur zum Teil mit Fundamentaldaten erklären, denn der Bitcoin lebt in seiner eigenen Welt.Der Bitcoin sorgt in der Finanzbranche schon lange für Kontroversen. Immer wieder wurde er aufs Neue für tot erklärt, und doch ist er jedes Mal wieder auferstanden. Im Oktober wurde die älteste und größte Kryptowährung zwölf Jahre alt und erklimmt wieder die Charts – heute hat der Bitcoin erstmals seit fast drei Jahren wieder die 16.000 US-Dollar-Marke durchbrochen. Der Höchststand von 19.891 US-Dollar im Dezember 2017 rückt wieder näher.
Dieses Comeback ist bemerkenswert. Bis vor zehn Jahren war der Bitcoin noch eine technische Spielerei, mit der Anleger nicht so richtig etwas anfangen konnten. Heute etabliert sich das führende Krypto-Asset immer mehr als Teil des globalen Finanzsystems. Die Marktkapitalisierung liegt mittlerweile bei fast 300 Milliarden US-Dollar; damit ist der Bitcoin schon lange keine bloße Randerscheinung mehr. Auch die Performance ist quasi unschlagbar: In den letzten fünf Jahren generierte der Bitcoin eine Rendite von knapp 4.000 Prozent. Für die jüngsten Kursschübe sind verschiedene Faktoren verantwortlich
Unsicherheit treibt den Kurs
Zum einen profitiert der Bitcoin von der Unsicherheit der Märkte. Die Coronakrise, der Streit um die US-Wahlen und Inflationsängste treiben Anleger in alternative Anlagen. Historisch war eigentlich Gold das typische Flucht-Asset, doch der Bitcoin versucht diesem den Rang abzulaufen. Vom „digitalen Gold“ ist die Rede, denn auch der Bitcoin weist zu anderen Anlageklassen nur eine geringe Korrelation auf.
Die institutionelle Nachfrage steigt
Aus diesem Grund gewinnt der Bitcoin auch zunehmend Boden in den Portfolios institutioneller Anleger. Hedgefonds-Manager Paul Tudor Jones erklärte kürzlich, er investierte ein Prozent seiner Assets in Bitcoin als Inflationshedge und Renditebringer. Der Krypto-Vermögensverwalter Grayscale verwaltet mittlerweile mehr als 9 Milliarden US-Dollar, davon sind 7,6 Milliarden im Grayscale Bitcoin Trust. Allein im dritten Quartal des Jahres 2020 sammelte Grayscale mehr als eine Milliarden US-Dollar ein, 81 Prozent dieser Gelder kamen von institutionellen Investoren wie Hedge Funds und Family Offices
Verbesserte Rechtssicherheit
Entscheidend für diese Anlegergruppe ist vor allem auch der Rechtsrahmen, denn wer die Gelder anderer Leute verwaltet, kann sich keine rechtlichen Grauzonen erlauben. An dieser Front gab es in den letzten Jahren Fortschritte. Auch in Deutschland dürfen Banken mittlerweile Kryptowährungen verwahren und zum Handel anbieten. Die EU-Kommission schlug Ende September einheitliche Regeln für den Handel mit Kryptowährungen vor, die bis Ende 2022 umgesetzt werden sollen. Die zusätzliche Rechtssicherheit könnte die institutionelle Nachfrage nach Bitcoin weiter ankurbeln.
Das Angebot verändert sich
Entscheidend für den Bitcoin-Preis ist außerdem nicht nur die Nachfrage, sondern auch das Angebot. Der dem Bitcoin-Netzwerk zugrundeliegende Algorithmus sieht vor, dass das Angebot stetig verknappt wird, bis die maximale Anzahl von 21 Millionen Bitcoins im Umlauf ist. Heute zirkulieren davon bereits ca. 18,5 Millionen und im Mai 2020 fand ein sogenanntes “Bitcoin-Halving” statt, wodurch nun weniger neue Bitcoins auf den Markt kommen. Wenn die Nachfrage zeitgleich steigt, kann auch der Preis noch deutlich weiter nach oben klettern.
Wette auf eine bessere Zukunft
Aber es gibt noch einen weiteren wichtigen Grund: Der Bitcoin ist ein postmodernes Asset, das die Hoffnungen und Ängste der Anleger adressiert: die Angst vor Inflation, den Wunsch nach einem inklusiven Finanzsystem, das Streben nach Rendite, Reichtum und Ruhm. Diese Liste lässt sich fast endlos fortsetzen, und somit wird es immer wieder neue Argumente für den Bitcoin geben. Letztendlich ist der Bitcoin also vor allem eine Wette auf eine bessere Zukunft, und die ist eben nur schwer in Dollar zu bewerten.
Die Prognosen für die Zukunft gehen weit auseinander: Die einen halten einen sechsstelligen Kurs für möglich, andere empfinden den Bitcoin als reines Spekulationsobjekt und als eine temporäre Erscheinung. Diese enorme Bandbreite macht es für Anleger schwierig, sich eine Meinung zu bilden. Dazu kommt, dass man dem Bitcoin kaum einen fundamentalen Wert beimessen kann.
Was eine Bewertung noch schwieriger macht, ist das häufig wechselnde Bitcoin-Narrativ. Seit der Einführung des Bitcoins wurde das Krypto-Asset in komplett unterschiedlicher Weise angepriesen: Zuerst war es eine Währung, dann galt der Bitcoin als Hedge gegen Inflation, dann als Portfoliodiversifikator und als Renditebringer im Niedrigzinsumfeld. Fragt man Bitcoin-Maximalisten, dann würde die Kryptowährung sogar das komplette Finanzsystem zu Fall bringen und eine neue Ära des Geldes einleiten. Alle diese Argumente lassen sich auch mit Daten untermauern; und sollte eine Argumentationslinie nicht mehr plausibel erscheinen, wird eine neue aus dem Hut gezaubert. Aber vielleicht ist es auch gerade das, was den Bitcoin so besonders macht.
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