Ist eine „aktive Anlagestrategie“ besser als eine „passive Anlagestrategie“?
Aktiv – das klingt lebendig, gestaltend, dynamisch, mit einem Wort: Es klingt positiv.
Passiv – das klingt nach leidvoll, stagnierend, stillhaltend, kurz gesagt: Es klingt negativ.
Der weltweit größte Teil der auf dem Markt gehandelten Investmentfonds wird aktiv gemanagt. Das scheint das ja auch quantitativ zu belegen. Doch hält diese Meinung einer objektiven Überprüfung stand?
Die Psychologie spielt hier eine große Rolle. Viele Privatanleger haben den Versuch unternommen mit Einzelnen Titeln (Aktien, Anleihen) Ihr Geschick zu versuchen. Die wirklich ersten und größeren Bewegungen in Aktien zu investieren, hatte sicherlich die Volksaktie der Telekom als Grundlage. Die Anleger erhielten Informationen durch schöne Werbebotschaften und hatten gedacht, dass es jetzt gut und sinnvoll ist, Geld in diese eine Volksaktie zu legen. Ähnliches vielleicht auch mit den Lehmannpapieren. Aber hatten die Anleger alle Informationen, um den richtigen Zeitpunkt eines Kaufes zu bestimmen oder Informationen über den Markt um ein solches „Stockpicking“ zu betreiben?
Als Privatanleger sollte man sich bewusst sein, dass weltweit Tausende Aktienanalysten, Fondsmanager, Berater, Ökonomen und andere Experten permanent hart daran arbeiten, Fehlbewertungen von Wertpapieren ausfindig zu machen und auszunutzen. Die Chancen, mit all diesen Finanzmarktprofis erfolgreich zu konkurrieren, unentdeckte Schnäppchen aufzuspüren und sie gewinnbringend zu nutzen, sind für Privatanleger deshalb eher gering. Deshalb ist es schon sinnvoll, Investitionen über Fonds zu nutzen.
Es gibt immer Finanzmarkt-Experten, die vermeintlich genaue Prognosen machen oder einen Crash vorhersagen. Aus einer zutreffenden Vorhersage zu schließen, der betreffende Experte werde auch in Zukunft richtige Prognosen abgeben, wäre allerdings ein Trugschluss. Dass es bei der Vielzahl von Prognostikern auch einige gibt, die vorübergehend richtigliegen, ist nur verständlich. Wissenschaftliche Untersuchungen haben jedoch eindeutig ergeben, dass erfolgreiche Prognosen der Vergangenheit kein Indiz für erfolgreiche Prognosen in der Zukunft sind. Mit anderen Worten: Welche der zahlreichen Prognosen für die künftige Entwicklung von Wirtschaft und Aktienmärkten sich als richtig erweisen wird, kann niemand sagen. Das Problem ist, dass die Rendite von Investments durch eine Vielzahl von unvorhersehbaren Größen beeinflusst wird. Politische, soziale, technische und emotionale Faktoren bewegen die Kurse und sind schlicht nicht prognostizierbar.
Das managermagazin berichtet in 2016 aus einer Studie, dass 86 Prozent der Fondsmanager in Europa Ihr Ziel verfehlen.
Die Zeitschrift DasInvestment berichtete in 2015, dass in den davorliegenden 10 Jahren aktive Fondsmanager keinen guten Job gemacht hätten. So haben 83 Prozent der aktiv verwaltenden Fonds, die in deutschen Aktien investiert waren, den Index S&P Germany BMI nicht übertroffen.
Bei US-Fonds sah es noch schlechter aus. Da waren es sogar 98 Prozent, die den Vergleichsindex S&P 500 nicht haben übertreffen können.
Also scheint „Stockpicking“ selbst für Fondsmanager schwer zu sein. Und was ist mit dem Markettiming? Also den richtigen Zeitpunkt für Kauf und Verkauf zu finden?
Hier gibt es eine Studie, die den MSCI Europe im Zeitraum 1998 bis 2014 als Grundlage hat. In dieser Studie wurde ein investierter Betrag von 1.000 EUR angenommen. Wenn Investoren in diesem Zeitraum immer dabeigeblieben wären, so hätten Sie eine Rendite von 7,73 Prozent p.a. erreicht. Hat man nur einen Tag verpasst, so lag die Rendite nur noch bei 7,33 Prozent. Hat man 25 Tage versäumt, so hätte die Rendite nur noch bei 2,28 Prozent gelegen. Das zeigt, dass auch ein richtiges „Markttiming“ nicht einfach ist oder ein aktives Handeln ein sehr gutes Gefühl für Zeitpunkte bedarf.
Ältere Untersuchungen belegen dieses ebenso. Finden ist kaum möglich. Das zeigt die Studie “Stockmarket Extremes and Portfolio Performance“ von Professor H. Nejat Seyhun von der Universität Michigan. Darin weist der Ökonom nach, dass über einen Zeitraum von 42 Jahren (1963 – 2004) mehr als zwei Drittel der Gesamtrendite eines Portfolios von US-Aktien an lediglich 90 Handelstagen erreicht wurden. Der Versuch, möglichst nur beim Tief zu kaufen und beim Top zu verkaufen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, genau an diesen Tagen nicht oder zu wenig investiert zu sein.
Wer an diesen 90 Tagen nicht investiert war, hätte im Jahresdurchschnitt nur eine Rendite von 3,2 Prozent erzielt, wer die Aktien die gesamten 42 Jahre im Depot hatte – also eine simple „Buy-and-Hold-Strategie“ verfolgte –, eine Rendite von 10,8 Prozent.
Fazit: Wirtschafts- und Börsenentwicklung sind kaum prognostizierbar.
Die Kosten sind noch zu betrachten.
Kosten sind Renditekiller
Wenn Sie mit Wertpapieren handeln, entstehen Ihnen Kosten, wie Broker- und Börsengebühren, Steuern und im Falle von Fonds Verwaltungsgebühren. Berücksichtigt man diese Kosten, erzielen die meisten Investoren, die eine aktive Anlagestrategie verfolgen – Fondsmanager eingeschlossen – unterdurchschnittliche Renditen.
Ich möchte an dieser Stelle keine weiteren wissenschaftlichen Studien anführen. Langfristvergleiche bilden nicht immer die Realität ab. So werden in der Praxis Investitionen in Aktien nicht oder selten über 45 Jahre oder länger gehalten. Beim Kapitalaufbau über Sparpläne kann das vorkommen. Bei Privatvermögen und Einmalanlagen ist das eher weniger der Fall. Insofern hinken da manche Vergleiche. Grundsätzlich gilt aber folgendes:
Wer die Vorteile der passiven Anlagestrategie (Index nutzen möchte, sollte gleichzeitig langfristig denken.
Die größten Vorteile dieser Strategie sind:
- Reduzieren von Komplexität: Wenn Sie passiv investieren, müssen Sie sich um Prognosen, Aktien-Berichte, Meinungen von Analysten und Tools keine Gedanken machen. Sie brauchen auch nicht in eine Vielzahl von Einzelwerten investieren, um das Risiko breit zu streuen. Damit vermeiden Sie, bei der Geldanlage den Überblick zu verlieren.
- Vermeiden von Spekulation: Über kurze Zeiträume kann Spekulation an den Märkten für erhebliche Über- und Untertreibungen sorgen. Daher können Kurse vorübergehend stark von ihren langfristigen Durchschnittswerten abweichen. Langfristig hat Spekulation auf die Entwicklung von Aktienrenditen jedoch keinen Einfluss, da sich Spekulation auf Dauer nicht aus sich heraus nähren kann. Auf lange Sicht setzen sich die Fundamentaldaten durch, bestimmt das Wirtschaftswachstum die Unternehmensgewinne und die Börsenkurse. Die Firmengewinne werden als Dividenden an die Aktionäre ausgeschüttet und sind für die Renditen der Unternehmen maßgebend. Langfristig betrachtet entspricht die Rendite von Aktien mehr oder weniger der Dividendenrendite.
Vorteile aktiver Strategien
Sie können hier das Wissen der Fondsmanager nutzen und auf Ihre kurzfristigeren Ziele und individuelle Ausgangssituationen die passende Lösung erhalten. Kurzfristige Lösungen können bestimmt sein von dem maximalen Risiko, welches Sie eingehen können oder steuerlichen Komponenten. Oder wenn man auf besondere Marktsituationen oder Branchen, wie auch regionale Schwerpunkte setzen möchte. Das setzt aber unter Umständen auch voraus, dass man größere Schwankungen in Kauf nehmen kann und muss. Die Kosten werden hier aufgrund der Transaktionskosten höher sein als in der passiven Strategie.
Was sagt die Wissenschaft?
Es gibt reichlich Studien, die zu dem eindeutigen Ergebnis kommen, dass sich mit aktiven Anlagestrategien der Markt auf Dauer nicht schlagen lässt. Diese Studien kommen aus Universitäten und anderen unabhängigen „Denkfabriken“. Sie kommen nicht aus großen Banken, Versicherungen oder Fondsgesellschaften. Das ist verständlich, da diese Institutionen vor allem dann viel Geld verdienen, wenn die Investoren aktive Investmentstrategien verfolgen und ihre Depots möglichst oft umschichten.
Es gibt aber zu wenig Studien für einen Vergleich, wie ETF – oder Indexfonds sich bei Krisen verhalten. Kurzfristige Börsenrückgänge haben gezeigt, dass passive Strategien heftiger reagieren, als aktive Fonds. Aktive Fondsmanager können reagieren, „passive“ Fonds wie ETF oder Indexfonds nehmen Marktereignisse voll mit und haben höhere Volatilitäten. Sie benötigen möglicherweise länger für eine Erholung.
Deshalb ist eine Bewertung, was besser ist für einen Anleger nur mit der individuellen Situation des Anlegers selbst zu beantworten.